Das mystische Leben

Die Mystiker haben den Seelenauftrag über das Unbeschreibliche zu sprechen und zu schreiben.

 

Der Weg des Mystikers lässt sich in einer chronologischen Zeit nicht beschreiben. Die Zeit und Raum existieren nur in dem menschlichen Verstand, in der materiellen Welt. Und das Göttliche kann mit dem Verstand nicht begriffen werden oder wissenschaftlich gemessen werden. Paradoxerweise fühlt sich der ganze Weg für den Mystiker sehr natürlich und organisch an, obwohl das Ego den Widerstand leisten will und Ausrede sucht, bis es komplett aufgelöst wird.

Wenn man über Gott/Universum und seiner Wirkung auf das menschliche Leben spricht, gibt es so was wie Etappen/Phasen nicht. In Wirklichkeit passiert alles gleichzeitig, im hier und jetzt. Damit der menschliche Verstand es ansatzweise das Übernatürliche begreifen kann und einen Blog Artikel geschrieben werden kann, muss ich den weglosen Weg des Mystikers mit den Worten beschreiben und auf Phasen/Stadien trennen.

1.      Das Erwachen zum Einheitsbewusstsein

Der Mensch erwacht dank der Gnade aus dem Schlaf, in dem er sich stark mit seinen Rollen und seiner Persönlichkeit identifizierte, um gesellschaftliche und kulturelle Erwartungen zu erfüllen. Mir selbst fällt es schwer eindeutig zu sagen, welches Erlebnis zu dem Erwachen führte – seitdem das Erwachen keine persönliche Erfahrung ist. Die Erfahrung des Einheitsbewusstseins trat in mein persönliches Bewusstsein nach mehreren Monaten als ich starke Aufstiege der Lebensenergie im Körper hatte, die meine ganze Wahrnehmung von mir und der Welt veränderte. Der Prozess wurde durch die Spiegelung und Interaktion mit meinem Seelenpartner verstärkt. Das Erwachen verursachte bei mir lange Zeiten der Freude und Begeisterung.

 

2.      Der Erwachte sucht nach Alleinsein und Stille, um in der göttlichen Wirklichkeit teilzuhaben.

Er erkennt, wie die weltlichen Aktivitäten und „wichtige“ Beschäftigungen ihn vom Gott entfernen und wie er selbst begrenzt ist. Der Mystiker erlebt abwechselnd Zustände der göttlichen Liebe und tiefen Trauer und Schmerz. Das Leiden weckt bei ihm das Bedürfnis, sein Leben zu reinigen und alles auszumerzen, was ihn vor göttlicher Liebe fernhält. Nach jeder Reinigung eigenes Leben kommen wieder die Zustände der göttlichen Freude in noch erhöhter Form. Der Mystiker erlebt starke Schwankungen zwischen Glückseligkeit, Frieden und Schmerz, Trauer, die „mit der Zeit“ immer subtiler werden und zu einem Zustand der Neutralität führen.

Bevor das geschehen kann…

 

3.      fühlt der Mensch, der gerade den Gott realisiert hat, die Abwesenheit des Gottes, der Liebe. Er fängt an, die mystische „Erfahrungen“, die ihm persönliche Befriedigung sicherstellten, von dem alltäglichen Leben zu unterscheiden. Vorher konzentrierte er sich auf die übernatürlichen Erlebnisse, in denen er in göttlichen Einsichten teilhatte. Jetzt ist er wieder im alltäglichen Bewusstsein präsent, in dem er das Einheitsbewusstsein noch nicht „halten“, „fühlen“ kann. In der Phase breitet sich der Reinigungsprozess auf das persönliche Erleben aus. Die gefühlte Abwesenheit der bedingungslosen Liebe in seinem Leben, führt zur Auflösung des Egos, die persönliche Identität bricht zusammen. Diese Phase wird als die Dunkle Nacht der Seele oder noch treffender Ego-Tod genannt.

Die Befriedigung persönlicher Wünsche, Bedürfnisse, Abhängigkeiten bereiten keine Freude, kein Frieden mehr, wie vorher der Fall war. Der psychologische Zwang sie zu stillen wird in der göttlichen Liebe verbrannt. Die allen Aktivitäten bringen in dem Zustand des Getrenntseins keine Erleichterung und verlängern nur den schmerzhaften Prozess.

Nachdem der Mensch das Einssein mit der Liebe erlebt hat, keine weltlichen Gelüste können ihn wieder in den Zustand versetzen. Der Mystiker widmet sich seiner einzigen Sehnsucht – der Suche nach dem Einssein mit Gott/Universum.

Der Mensch erkennt, dass keine persönliche Anstrengung und keine Befriedigung seiner persönlichen Wünsche kann die Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe befriedigen.

Die Hingabe an Gott und „Erfahrungen“ der reinen Liebe verbrennen seine Abhängigkeiten, Süchte, Traumata aus der Psyche und aus seinem Körper. In Folge dessen entstehen in seinem Gehirn neue Verknüpfungen und eine neue „Persönlichkeit“, die auf Gott eingestimmt ist. Der Mensch gibt seine Persönlichkeit und seinen Willen vollständig hin.

Er erkennt die göttliche Wirklichkeit und unterliegt der Täuschung der materiellen Welt nicht mehr. Diese Erkenntnis bringt er immer öfters in jede Situation im Alltag mit. Das ist der höchste kontemplative Zustand, der als Erleuchtung genannt wird.

 

4.      Vollständige Hingabe

Der Mensch gibt sich gänzlich auf und wird nicht nur in der Liebe sein, aber er wird zur Liebe. Das Ziel der allen vorherigen Schwankungen ist Einssein mit Gott/Universum. Das ist der Zustand des inneren Gleichgewichts, Ausgeglichenheit und friedvoller Freude. Der Mystiker verfügt über erhöhte Kräfte, Kreativität, mentale Klarheit und totaler Gewissheit. Der Zustand der Einigung mit Gott/Universum ist das eigentliche Ziel aller Suchenden, und nicht die ekstatische. flüchtende Zustände, die in den ersten Phasen viel mehr präsenter sind.  Das mystische Leben in der vollständigen Hingabe ist die höchste Lebensform und wird durch das Wirken in der Welt im Auftrag des Gottes gekennzeichnet.

 

5.      Die orientalischen Philosophen unterscheiden noch eine Phase, die als Vernichtung der Einzelseele oder das Aufgehen im Unendlichen beschrieben wird.

 

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Non-Konformität der Seele